Blühwiesen-Exkorsion mit Fischbachtal kreativ - Foto Bernhard Kredel

Fischbachtaler Blühwiesen erleben

Fahrrad-Exkursion am 05. Mai 2024 von Steinau über Lichtenberg nach Niedernhausen

Kirsten Schwebel und Stephan Kühn führten eine interessierte Gruppe an diesem Nachmittag fachkundig zu mehreren Blühwiesen im Gemeindegebiet.

Elke Müller-Volg begrüßte die rund 15 Gäste und stellte die Personen vor, die heute führen würden:
Kirsten Schwebel engagiert sich ehrenamtlich für Insekten, insbesondere Wild­bienen, und verfügt über ein umfangreiches Fachwissen auf diesem Gebiet. Sowohl für ihren Garten in Niedernhausen, wo sie zahlreiche heimische Wild­pflan­zen gepflanzt und unterschiedliche Biotope angelegt hat, als auch für ein Projekt mit Grundschulkindern, bei dem sie auf einer Fläche vor dem Bürgerhaus heimi­sche Stauden gepflanzt und Nisthilfen gebaut hat, erhielt sie den „beebetter Award“.

Stephan Kühn ist Leiter des Umwelt- und Ordnungsamtes der Gemeinde Fisch­bach­tal und Mitbegründer der Initiative „Fischbachtal kreativ.“ Die Krefelder Studie zeigte 2017 das drastische Artensterben, insbesondere bei den Insekten. Das war für ihn Anlass, sich für Blüh­wiesen­projekte im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Gemeinde zu engagieren. Solche artenreichen Flächen - wichtige Nahrungsquellen und Lebensräume für Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten - entstanden im Gemeindegebiet zum einen während eines speziellen Bauhoftrainings im Jahr 2018 und zum anderen mit Unterstützung des Förderprogramms „Blühendes Südhessen“ des ENTEGA NATURpur Instituts im Jahr 2020.

Der ebenfalls als fachkundiger Begleiter eingeladene Lichtenberger Landwirt Jörg Schuchmann musste krankheits­bedingt kurzfristig absagen. Das haben wir sehr bedauert, weil Beiträge aus seiner landwirtschaftlichen Sicht den Nachmittag sicher sehr bereichert hätten.

Los geht's in Steinau

Startpunkt unserer Exkursion war die Blühfläche in Steinau neben dem Spielplatz. Wie diese im Jahr 2020 entstanden ist, erläuterte uns Stephan Kühn: Zunächst wurde der Oberboden ausgetauscht, um nährstoffärmere Bodenverhältnisse herzustellen, anschließend wurde Wegekies eingebaut und mit einer 3 cm dicken Schicht Komposterde bedeckt. Zuletzt wurden Wildblumenarten gepflanzt und gesät, die typisch für Magerstandorte sind, wie z.B. Färberwaid, dessen auffällig gelbe Blüten zur Zeit die Fläche prägen, ebenso wie die leuchtenden Blüten der Roten Lichtnelke. Außerdem gedeihen hier Nachtkerzen, Wilde Möhre, Schaf­garbe, Kronwicke und eine Reihe anderer Arten. Bei der Ansaat, die erforderlich ist, weil in der Umgebung i.d.R. kein geeignetes Samenpotential vorhanden ist, muss gebietsheimisches Saatgut verwendet werden, betonte Stephan Kühn. Zusätzlich wurden hier auch Blumenzwiebeln früh blühender Arten z.B. Trauben­hyazinthen und Wildtulpen gesteckt. Gemäht wird die Fläche zweimal im Jahr, das erste Mal Ende Juni/Anfang Juli nach der Margeritenblüte, das zweite Mal im September. Das Mähgut wird abtransportiert um die Aushagerung zu unterstützen.

Was Landwirte für Artenvielfalt tun können

Weiter ging es von Steinau über die Landesstraße und von dort hoch zu einer landwirtschaftlichen Stilllegungsfläche. Solche brach liegenden Areale bilden unentbehrliche Refugien für Insekten in der intensiv genutzten Agrarlandschaft. Sie werden für die Dauer von fünf Jahren stillgelegt und dann wieder als Acker bewirtschaftet. Das Land Hessen fördert über die Hessischen Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM 2) solche besondere Landbewirtschaftung.

Zwei Flächen unterhalb von Lichtenberg am Hoch­behälter Niedernhausen waren die nächsten Haltepunkte auf unserer Route. Bei dem Grünland auf dem Hoch­behälter wurde lediglich die Mahdhäufigkeit auf zweimal pro Jahr reduziert, um so den Gräseranteil zu verringern und Blütenpflanzen zu fördern. Außerdem wurde hierzu Klappertopf eingesät, ein Halbschmarotzer an Gräserwurzeln.
Auf der Fläche außerhalb des Hochbehälter-Zauns wurde ein 5 Meter breiter Streifen im Frühjahr mehrfach gegrubbert, um die Gräser zurückzudrängen. Dann wurden hier eine Saatgutmischung augebracht und vereinzelt Stauden gepflanzt - beides aus gebietsheimischen Herkünften. Zur Zeit blühen hier vor allem Wiesen-Salbei und Flockenblume, auch Reste von Zwiebelpflanzen wie z.B. von Wein­bergs­tulpen und wilden Narzissen konnten wir noch entdecken. Gemäht wird hier ebenfalls zweimal jährlich, wobei die Mahd am besten mit einem Balkenmäher erfolgen sollte, da der starke Luftzug, der bei den heute üblichen Kreiselmäh­wer­ken entsteht, die Insekten vernichtet, wie Stephan Kühn erläuterte. Die Balken­mähwerke sollten nicht tiefer als 7-10 cm eingestellt werden, um die bodennahen Rosetten der Stauden zu schonen. Auch die traditionelle Mahd mit der Sense wäre eine insektenfreundliche - wenn auch zeitaufwendige - Alternative.

Die Ausgleichsfläche in Entwicklung

Nach einem weiteren Stopp an der Blühwiese gegenüber des Friedhofs am südlichen Ortseingang von Niedernhausen - diese Fläche wird im Gegensatz zu den anderen nur einmal jährlich gemäht - erreichten wir den letzten Haltepunkt unserer Exkursion, eine größere Brache hinter dem Edeka-Markt. Hierbei handelt es sich um eine Ausgleichsfläche für die Eingriffe in Natur und Landschaft, die durch das Baugebiet „Am Amtsacker“ verursacht wurden. Das Areal ist im Besitz der Hessischen Landgesellschaft, der Trägerin dieses Projekts. Als Ausgleichsmaßnahmen wurden die Aushagerung der Fläche und die - noch nicht erfolgte - Pflanzung von zehn Laubbäumen sowie die Anlage eines Lesesteinhaufens festgesetzt.
In den ersten Jahren dominierten Distelarten die Vegetation, so Stephan Kühn, diese hätten nach drei bis vier Jahren allerdings abgenommen. Nun hat sich die Wilde Möhre sehr stark entwickelt, deren abgestorbene hohle Stängel besonders wichtige Überwinterungsquartiere für Insekten sind. Umso besser, dass die Mahd hier letztes Jahr ausfallen musste, weil es problematisch war, Landwirte oder Landschaftspflegebetriebe zu finden, die die Mahd mit einem Balkenmäher durchführen. Nun ist eine Beweidung mit Ziegen oder anderen Tieren angedacht.

Auf jeden Fall bleibt es spannend, die Entwicklung dieser Wiese und der anderen Blühflächen zu verfolgen, die uns im Laufe des Jahres mit immer wieder neuen vielfältigen Blütenaspekten überraschen können.
Und warum nicht einfach eine solche artenreiche Oase im eigenen Garten anlegen statt überall nur langweiligen Rasen zu haben? Die Gemeinde Fischbachtal geht hier jedenfalls mit gutem Beispiel voran.

 

Mehr Informationen

Das war unsere Einladung:

Fischbachtaler Blühwiesen erleben

Fahrrad-Exkursion | Start: Steinau am Spielplatz | So., 05. Mai 2024 um 15:00 Uhr

Manchmal ist weniger mehr: weniger Nährstoffe, seltener mähen, weniger liegenlassen - all das kann zu einer besonders artenreichen Wiese führen. Und dort sind dann nicht nur mehr Pflanzenarten - auch mehr Tierarten können sich hier ansiedeln.
In Fischbachtal wurden in den vergangenen Jahren von der Gemeinde und Anderen verschiedenartige Blühflächen angelegt – eine Reihe von besonders bewirtschafteten Biodiversitäts-Inseln, die nicht nur bedrohten Insekten eine Überlebenschance bieten.

Auf unserer kleinen Radreise (8 km) durch das schöne und abwechslungsreiche Fischbachtal besuchen wir verschiedene Wiesen und Felder, die auf unterschiedliche Weise zu einer besonderen Blühwiese wurden. Wir erfahren, was am Anfang gemacht - oder unterlassen - wurde. Wir hören, wie solche Wiesen gepflegt werden sollten und welche Probleme sich dabei ergeben können. Und wir begegnen Menschen, die mit ihrem Engagement aktiv gegen das grassierende Artensterben angehen.
Begleitet werden wir dabei von Kirsten Schwebel, Kräuterspezialistin, Stephan Kühn, Leiter des Fischbachtaler Umweltamtes und Jörg Schuchmann, Landwirt aus Lichtenberg.

Wir beginnen um 15:00 Uhr an der Wiese gleich beim Spielplatz in Steinau. Gemeinsam radeln wir zunächst gemütlich nach Lichtenberg und dann nach Niedernhausen.

Hinweise

Wir radeln nur sehr kurz auf der Landesstraße bei Steinau, ansonsten geht es über kleine Gemeindestraßen und Feldwege. Wir fahren nur in Steinau noch etwas bergauf. Danach bleibt es eben oder geht bergab.

Denkt an Sonnen- oder Regenschutz und genug zu trinken.
 

Wo ist der Spielplatz in Steinau?

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